2013
Monsun in Anugraha
10.000 bis 15.000 Tote haben die Monsunüberschwemmungen im Norden Indiens gekostet und noch immer fehlt von vielen Vermissten jede Spur. Wenn auch mit dieser Tragödie gar nicht vergleichbar, so hat es in diesem Jahr ebenfalls das Dorf Gundibala im Süden des indischen Staates Karnataka hart getroffen. Dort steht das von LIFT e.V. unterstützte Mädchenheim Anugraha. Das Heim ist noch einmal davongekommen, denn es liegt, wie die benachbarte Schule, etwas erhöht und in einiger Entfernung von dem idyllischen Fluss, der sich nach heftigen Regengüssen in einen reißenden Strom verwandelte, das halbe Dorf unter Wasser setzte und alles mitriss, was im Wege stand. Viele der primitiven Lehmhütten sind zusammengebrochen. Ihre Besitzer kampieren nun in der Schule, mit der Folge, dass Schulunterricht nur noch halbtags stattfindet, gerade noch bis mittags, wenn die so wichtige Schulspeisung ausgeteilt wird. Viele unserer Anugraha-Kinder sind außerdem erkältet und haben Fieber. Sie sind „unter dem Wetter“, wie man in Indien sagt, alle Jahre wieder.
Klimawandel deutlich spürbar
Fast regelmäßig ist inzwischen aber auch zu beobachten, dass der Monsun immer unregelmäßiger wird. Früher konnte man die Uhr nach ihm stellen: Am 2. Juni traf er an der Südspitze des Subkontinents ein, und dann wanderte er pro Tag 50 Kilometer nordwärts. Der Monsunkalender, den jeder im Kopf hatte, ist für indische Bauern der wichtigste Terminkalender ihres Lebens. Denn Dreiviertel der 1,3 Milliarden Inder leben von der Landwirtschaft, und diese wieder ist zum allergrößten Teil von den jährlichen Regenmengen abhängig, weil sich nur die Wenigsten künstliche Bewässerung leisten können. Doch seit einigen Jahren macht sich auch hier in lebensbedrohender Weise der Klimawandel bemerkbar. Immer unvorhersehbarer kommt der Monsun, wenn er überhaupt kommt, und immer häufiger versinkt ein Teil des Landes im Wasser, während andere Landesteile, die Kornkammern, verdorren. So auch in diesem Jahr. Der Monsun kam spät und spärlich. 20 Prozent unter normal liegt bisher die Regenmenge. Kaum verwunderlich, dass deshalb die Preise für Gemüse und Getreide, also für die Grundnahrungsmittel, in neue Höhen schießen. Für die Armen bleibt da kaum noch mehr, als eine Schale Reis.
Lesen Sie zum Thema auch in der FAZ „Indiens Krise spitzt sich zu“ vom 22.08.2013.